Für mich stellt Hi-Res Audio immer noch ein großes Rätsel dar. Nicht, dass ich keine Ahnung hätte, um was es geht. Um die Übertragung von Signalen im Ultra- und Infraschall nämlich. Welche man nicht hört, wenn man sich eingesteht, dass der Homo sapiens nur Frequenzen zwischen 20 Hertz und 20 Kilohertz wahrnehmen kann.

Die man nach Ansicht der kontinuierlich wachsenden Schar der Hi-Res-Jünger aber sehr wohl vermisst, sobald sich im eigenen Schädel knapp über den Ohren klammheimlich ein Gehirn eingenistet hat. Kann das mithören? Jetzt hört´s aber auf!

Töne und Kollateralschäden

In einer sich anbahnenden Lebenskrise wende ich mich wieder einmal an Heiko Neundörfer vom HiFi-Forum Baiersdorf. Der handelt im Prinzip nur mit Hi-Res und High-End-Geräten und spricht Klartext: „In der Liga von Anlagen zwischen 30.000 und 40.000 Euro ist Hi-Res durchaus ein Gewinn. Auch du kriegst du diese Frequenzen mit“, tröstet er mich in meiner Sorge um das Vorhandensein eines Gehirns in meinem Privatschädel.

„Jeder Ton, den du wahrnimmst, verursacht immer Kollateralschäden. Oder, besser gesagt, „bringt Auswirkungen mit sich“. Wenn ein System in der Lage ist, „nach oben hin“ zu spielen, dann klingt es auch geschmeidiger, entspannter, relaxter – das haben wir sehr oft mit absoluten High-End-Anlagen ausgetestet“.

Der „Normalo“ pflichtet bei

Das Gehör müsse nicht trainiert sein – auch Normalhörer stellten sehr wohl Unterschiede fest und umschreiben sie in der Regel mit „mehr Volumen“ oder „feineren Strukturen“ bzw. „mehr wahrnehmbaren Details“. Ja gut. Leuchtet ein. Aber wer, so frage ich an dieser Stelle in die Runde, hat eine Anlage im Wert von über 30.000 Euro zuhause rumstehen?

Ohne Beamer oder 4K-TV selbstverständlich, denn hier geht es ausschließlich um den Ton – nicht ums Bild. Heiko fährt dazuwischen: „Ob so eine Diskussion bei einem 1000-Euro-Gerät Sinn macht, wage ich zu bezweifeln. Du musst immer die ganze Kette sehen“.

Verzichten und investieren

Die Gretchenfrage manifestiere sich sehr geschwind: „Was macht mein Front-End, was macht mein Verstärker und dann natürlich „was macht mein Lautsprecher“? Wenn ich so einen kleinen Quäker oder eine durchschnittliche Regalbox nehme, dann ist Hi-Res Audio natürlich von vornherein im Eimer“.

Sein Vorschlag: Bei Verstärkern, Receivern und Netzwerk-Receivern lieber auf ein bisschen „Schnickschnack“ verzichten und statt dessen in solide Technik investieren, bei den Lautsprechern nicht knausern, möglichst Standboxen im gehobenen Preissegment nehmen und ausgiebig beim Fachhändler Probe hören.

Wachsende Popularität

Bereits anno 2015 orakelte Carsten Rampacher auf der Homepage von HIFI-Regler: „Wir sind uns sicher, dass hochauflösendes Audio-Material, das bereits im letzten Jahr stetig eine Zunahme an Popularität erfuhr, in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen wird.

Besonders jetzt, da auch Schwergewichte wie Sony, Samsung und LG auf den Zug aufspringen und die notwendigen Komponenten in Massen-Produkte integrieren. High-Res Audio hat zudem, völlig im Gegensatz zu 4K und UltraHD, den Vorteil, dass mehr als ausreichend Material bereits vorhanden ist“.

FLAC versus MP3

Während man als Besitzer eines UHD-Fernsehers akribisch nach neuen Inhalten forschen müsse, sei hochauflösendes Audio-Material in Fülle vorhanden und die Auswahl werde kontinuierlich größer. Ganz dezent applaudiere ich im Ultraschall-Bereich.

Wenn ich allein an den segensreichen Streaming-Dienst Tidal denke, der nicht ausschließlich MP3-, sondern für ein paar Euro mehr auch FLAC-Dateien anbietet, hat sich die Prophezeiung bereits erfüllt. Obgleich High-Resolution Audio (zu Deutsch: hochauflösendes Audio-Material) zunächst lediglich ein Marketing-Terminus ist, der Musikaufnahmen mit einer höheren Auflösung als das Standard CD-Format beschreibt.

Von Abtastraten und Bittiefen

Auf gut Deutsch umfasst der Begriff sämtliche Audiosignale, die eine höhere Bandbreite sowie ein größeres dynamisches Spektrum umfassen als Signale, die auf einer herkömmlichen Audio-CD mit einer Abtastrate von 44.1 kHz und einer maximalen Bittiefe von 16 Bit entsprechen.

FLAC, ALAC, WAV, AIFF und DSD sind Dateiformate, in denen die hochauflösenden Audiosignale stecken und die Abtastraten bis zu 192 kHz sowie eine Bittiefe von bis zu 32 Bit enthalten können. Während man z.B. bei MP3 maximal 320 kbps und bei einer Audio CD 1411 kbps vorfindet, kann eine 192kHz/24-Bit Datei 9216 kbps vorweisen.

Kleine Erläuterung

Ganz schön viel fach-chinesisch! Die Abtastrate (192 kHz) beschreibt dabei die Anzahl der Abtastungen des Audiostroms pro Sekunde, während das analoge Audiosignal in ein digitales Format konvertiert wird. Je höher diese ist, umso genauer werden die Daten erfasst.

Die Bittiefe bezieht sich auf die theoretisch maximal mögliche Genauigkeit dieser Abtastung. Rein von den vorhandenen Informationen her sollte eine Audio-Datei mit hoher Auflösung eine Aufnahme also deutlicher realitätsnaher und authentischer reproduzieren können. Mehr Details, mehr Struktur, mehr Definition.

Verluste beim Komprimieren

Wie genau machen sich jedoch die Unterschiede in der Komprimierung beim Hörer bemerkbar? Im Reichelt.de Elektronik-Magazin wird erläutert, dass bei stark komprimierten Dateien wie MP3 „einige Informationen“ verloren gehen.

Beim Abspielen erzeuge der Decoder ein analoges Tonsignal, das zwar mit dem Ursprungssignal nicht mehr identisch sei, jedoch für die meisten Hörer wie das Original klinge. „Vorausgesetzt, die Kodierung, Datenrate der Übertragung und Qualität der Verstärker und Lautsprecher ist einwandfrei“.

Der psychoakustische Effekt

Grund hierfür sei der psychoakustische Effekt. Klanganteile in sehr hohen und tiefen Frequenzbereichen würden nicht exakt wiedergegeben oder komplett verworfen, denn von den meisten Menschen würden sie nicht oder nur schlecht wahrgenommen.

Dennoch sei der Unterschied „klar hörbar“. Wer das selbe Musikstück als herkömmliches MP3 und als High-Res-Audio-Format beurteilen kann, werde sogar „deutliche Differenzen in der Klangqualität“ erkennen.
Schwieriger werde es beim Vergleich Hi-Res-Audio und Audio-CD, denn die üblichen 16 Bit und 44,1 kHz lieferten bereits eine sehr gute Klangqualität. Hier sei dann schon ein besonders feines Gehör „gefragt“.

Näher am Original-Hörerlebnis

Der eigene Musik-Geschmack spiele sehr wohl eine Rolle: Besonders für Klassik-Fans lohne sich die Investition in Hi-Res-Audio, da klassische Musik besonders dynamisch in ihren hohen und tiefen Bereichen ist.
Unkomprimierte Dateien geben den Ton meist klarer, schärfer und komplexer wieder als komprimierte Formate und sind näher am Original-Hörerlebnis.

Grund hierfür ist, dass die meisten Tonaufnahmen aus natürlichen Tönen, also Tönen aus der realen Welt, bestehen. Solche Daten seien schwer zu komprimieren. Nicht zuletzt hänge die Qualität einer Audio-Datei nicht nur von der Informationsfülle, sondern auch davon ab, auf welche Art die Dateien gemastert wurden.

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